Der Durchbruch am Flötheberg

Der Durchbruch am Flötheberg

Auszug aus der Heimeroder Chronik 1937-2012.

Der neue Posthof wurde 1827 neben der alten „Neuen Mühle“ erbaut, nachdem 1 Jahr zuvor der seit Urzeiten bestehende Verbindungsweg „Neue Mühle – Schladen“ zwischen den großen Straßen „Hildesheim – Goslar“ und „Hildesheim – Halberstadt“ chauffiert und somit dem Post- und Frachtverkehr zugänglich gemacht wurde.

Postkutsche im Flöthebergsdurchbruch

Durch diesen neuen Straßenzug kam die Strecke „Hildesheim – Beinum – Schladen“ des alten Postweges „Hildesheim – Halberstadt“ für den Fernverkehr in Fortfall, und so wurde der neue Posthof bald ein Knotenpunkt, in dem sich der Verkehr von und nach den 3 Städten Halberstadt, Hildesheim und Goslar schnitt. Der Posthalter, der ständig 24 Pferde im Stall stehen hatte, konnte mit recht prahlen: „Mir wird das Geld von 3 Seiten auf den Hof gefahren.“

Das größte Hindernis auf diesem neuen Straßenzug bildete vor dem Liebenburger Talsack der westliche Strang des Salzitterschen Höhenzuges, der in einer Höhe von 220 Metern bei dem Flötheberg überwunden werden musste. Schon der alte Verbindungsweg hatte sich vor dem Gipfel gegabelt. Während der eine Strang ihn schnurstracks in einem kümmerlichen Engpass zu überwinden suchte, hatte ihn der andere in einem weiten, immer noch sehr steilen, südlichen Bogen umgangen. Aber auch dieser Umgehungsweg konnte von Frachtwagen nicht ohne Vorspann bezwungen werden.

Der örtlichen Überlieferung nach hat schon Napoleon I. bei einer beschwerlichen Fahrt über den Flötheberg kurz befohlen: „Wenn ich wiederkomme, will ich nicht über, sondern durch den Berg fahren!“

Durchbruch am Flötheberg um 1938

Jedoch kam es erst 1836 zu einer Vertiefung des alten, flachen Engpasses, wodurch man bedeutend günstigere Steigungsverhältnisse gewann, die durch Dammschüttung vermittels der gewaltigen, gebrochenen Steinmasse weiter gebessert wurde. Erst im Hungerjahr 1847 baute man endlich den Pass, um während der allgemeinen Arbeitslosigkeit nutzbringende Arbeitsgelegenheit zu schaffen, in seiner jetzigen Form aus, die selbst uns Menschen der Jetztzeit, die wir an überragende Leistung gewöhnt sind, mit Staunen und Bewunderung erfüllt. Bei dieser Notstandsarbeit waren nur bedürftige, hauptsächlich verheiratete Männer beschäftigt, die im Tagelohn 75 Pfennig verdienten.

Sammeln

Sammeln

Auszug aus der Heimeroder Chronik 1937-2012 (Beitrag von Dietmar Dörge)

Dass in den Nachkriegsjahren Metallschrott aller Art gesammelt wurde, ist sicher auch der „jungen Generation“ bekannt. In den Konservendosen sammelten wir Nägel und Schrauben. Für eine volle Dose bekamen wir zwei oder drei Pfennig. Das Geld wurde für „Bolchen“ (Bonbons) ausgegeben.

Zur Sammelstelle Hartung trugen wir Kamille, Huflattichblüten und Schachtelhalm. Daraus wurde Tee gemacht.

Gudrun und Dietmar Dörge

In einem alten Kinderwagen (ohne Räder) zogen wir bis Neunkirchen um Weinbergschnecken zu sammeln. Mit Glück bekamen wir für eine Sammlung 20-30 Pfennig. Von Familie Hartung bekam man einen Metallring, durch den die Tierchen nicht hindurchpassen durften. Ferner wurden im Wald Brennholz und Bucheckern und Pilze gesammelt. Der Inhaber des Lebensmittelgeschäfts (Herr Hinze) tauschte die von uns gepflückten Schlüsselblumen gegen Kandis ein.

Unsere Eltern bei der Arbeit zu helfen, war selbstverständlich. Die gepflanzten Kartoffeln mussten von Unkraut befreit und später angehäuft (angerodet) werden. Im Herbst wurden sie von den Erwachsenen gerodet und von uns Kindern aufgesammelt und in Säcke gefüllt. Im Handwagen transportierten wir sie nach Hause zum Einlagern im Keller.

Auch das heranwachsende Getreide brauchte ständig Pflege mit der Hacke. Das riefe Getreide wurde von Hand gemäht und mit Strohbändern gebündelt, diese Bündel dann zu Stiegen zusammengestellt. Das abgetrocknete Korn wurde mit einem Pferdefuhrwerk zum Dreschplatz nach Liebenburg oder Heissum gefahren. Bei der Fahrt dorthin saßen wir Kinder oben auf dem Fuder. Aus dieser erhöhten Lage gelang es uns Äpfel von den Bäumen zu pflücken.

Das Getreide brachten wir nach un nach zum Schroten zur Windmühle Minning nach Liebenburg. Es diente, wie auch der größte Teil der Kartoffeln, zur Schweinemast. Genauso wie die gesammelten Brennesseln und Disteln, die im Sommer das Hauptnahrungsmittel der Schweine war.

Heimerode erhielt die ersten Einwohner – GZ Bericht

Heimerode erhielt die ersten Einwohner – GZ Bericht

Auszug aus der Goslarschen Zeitung 1937

Einzug in die Othfresener Siedlung. Neu Heimerode erhielt die ersten Einwohner – neue Häuser im Bau – Neue Landvermessung

„In der letzten Woche sind die ersten fünf Siedler in die Bergmannssiedlung zwischen Othfresen und Liebenburg eingezogen. Aus diesem Grunde erscheint es uns Angebracht einiges darüber zu schreiben.

Geographisch gehört die Stelle, an der sich die Siedlung befindet, zu Othfresen, landschaftlich dagegen mehr zu Liebenburg, denn der Flötheberg liegt gewissermaßen als Grenze zwischen Othfresen und dem neuen Ortsteil. Unweit der Siedlung und zwar etwas unterhalb – nach dem Tannenwald zu – hat vor dem Dreißigjährigen Krieg schon ein Örtchen Heimerode gelegen, dass in dem unglückseligen Krieg aber ganz und gar vernichtet worden ist und von dem nichts anderes übrig geblieben ist als der Name, der jetzt vielleicht den neuen Ortsteil bezeichnen wird.

Die Lage ist landschaftlich sehr schön und vor allen Dingen sehr gesund, dank der umliegenden Wälder.  Kommt man von Othfresen aus durch den Einschnitt am Flötheberg, so kann man die Siedlung gut übersehen. Mit ihrem weißen Anstrich und grauen Dächern machen die schmucken Häuser schon von weitem einen freundlichen Eindruck, der noch besser wird, wenn man sie näher in Augenschein nimmt.

Man hat in jeder Beziehung versucht, allen Wünschen der Siedler gerecht zu werden und dieser Versuch scheint sehr gut gelungen zu sein, dass beweisen die zufriedenen Gesichter der Läute, denen man begegnet. Alle Bequemlichkeiten, die man sich auf dem Lande wünschen kann, sind da. Zunächst ein über 1000 qm großer Garten mit ganz vorzüglichem Boden. Die Gärten sind – nebenbei gesagt – schon bestellt, und zwar nicht nur die fünf, sondern fast alle und es ist rühren zu sehen wie die Bergleute in ihrer freien Zeit wetteifern, wer wohl den schönsten Garten hat.

Die Häuser bestehen aus fünf Zimmern, von denen sich drei (Größe 8, 12, und 14 qm) im Erdgeschoß und zwei (Größe 14 und 16 qm) darüber befinden. Die Zimmer sind – das geht ja aus obigen Zahlen hervor – schön geräumig. Neben der Küche befindet sich ein Vorratsraum. Oben – unter dem Dach – ist dann noch ein Trockenboden. In dem kleinen Anbau befindet sich dann  Schweine- und Ziegenstall und Waschküche, darunter der Keller. Alles unter einem Dach wie es den Wünschen entspricht und alles auch bei schlechtestem Wetter trockenen Fußes zu erreichen. Dann noch die große Annehmlichkeit: „Fließendes Wasser“, dass man auf dem Lande gar oft entbehrt.

Im Ganzen sind hier jetzt 19 Siedlungshäuser im Rohbau fertig, während sich noch über 20 im Bau befinden, zu denen sich immer neue gesellen. Träger des Unternehmens ist die Niedersächsische Heimstätte. Aber auch die Grube Fortuna, die das Land für die Siedlungsbauten zur Verfügung stelle, baut hier noch sechs Werkwohnungen. Zweifamilienhäuser, die an der Landstraße liegen, und die auch recht schön zu werden versprechen.

Aber damit nicht genug – Othfresen vergrößert sich auch an anderen Stellen. So sind am früheren Sonnemannschen Hof, der auch schon zu Wohnungen umgebaut worden ist, ebenfalls von Fortuna vier Zweifamilien – und fünf Einfamilienhäuser im Bau. Aber das genügt auch noch nicht, um die vielen zuziehenden Familien unterzubringen. Oberhalb des Bahnhofes, zwischen dem Bahnanschluss nach Fortuna und dem Weg nach „Ida“ ist man mit Vermessungsarbeiten beschäftigt. Auch hier wird man demnächst den ersten Spatenstich zu einer neuen Siedlung tun. Und alle Häuser werden so schön gebaut wie diejenigen, die jetzt bezogen worden sind, und sehr viel Familien werden durch die Annehmlichkeiten des Wohnens in der schönen Lage entschädigt für das lange warten und die Trennung. Nicht nur die Glücksgöttin Fortuna ist ihnen hold gewesen, sondern auch die Verwaltung der Grube Fortuna, denn sie hat beim Bau dieser Wohnungen gezeigt, dass sie für ihre Gefolgschaftsmitglieder das richtige soziale Verständnis hat. Sie hat ihren Bergleuten Wohnungen bauen lassen, um die sie wirklich zu beneiden sind, zumal demnächst auch die Äußerer Einfassung der Häuser, d.h. Straße, Vorgärten usw. noch verschönert werden sollen. Interessant ist wohl noch, dass auch der Klapperstorch schon Einzug in die neue Siedlung gehalten hat. Bei der Familie des Bergmanns Richard Erich wurde als drittes Kind am Dienstag eine Tochter geboren.“

Privates Foto um 1938

Auf der rechten Seite sind die Häuser der Kunzendorfer Straße zu sehen. Auf der linken Seite die im Bau befindlichen Häuser der Ludwigsdorfer Straße und Teile der Falkenberger Straße. Im Hintergrund der Förderturm von Schacht Bismarck.